SUSE IN YOUR POCKET

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I'll protect you.

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Du selbst bist dein bester Body- and Soulguard.

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Suse Kaloff
Oct 08, 2023
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I'll protect you.
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Keep the vampires from your door: Woher der Kaschmir-Bodyguard stammt, der aussieht und sich anfühlt wie Sahne Toffees? Selbst gemacht. Details, wie und wo man so eine starke Schulter bekommt, verrate ich weiter unten im Text.

Das erste Kapitel meines letzten Buches heißt Herzklopfen. Es handelt von dem Monster, das mir mein halbes Leben lang mit seinen Krallen in den Nacken packte, wenn ich am wenigsten mit ihm rechnete. Und davon, wie es mir eines Tages gelang, es zu besänftigten.


Reise zu meinem inneren Ungeheuer
Ich sitze auf einer Insel im Nirgendwo und frage mich, wie ich es überleben soll. Wie zwei Wochen von morgens bis abends mit mir aushalten, ohne Begleitung, ohne Zerstreuung, ohne eine Aufgabe? Dabei habe ich in Wahrheit eine große Aufgabe: ein Buch schreiben über die Angst. Ein Thema, das zwar meine eigene Idee war, mir jedoch in der Umsetzung absurderweise so viel Angst macht, dass ich erst mal ein paar Wochen gelähmt bin, dann panisch beschließe, wegzurennen. Eine automatische Reaktion auf alles, was ich fürchte: Bloß fort von hier! Die erste Frage, die ich mir stelle: Wohin? Die zweite: Vor was genau fliehst du eigentlich? Sobald du verrätst, dass du Abstand brauchst, eine Situation hinter dir lassen, deine Heimat vorübergehend verlassen willst, teilt dir jeder Klugscheißer unaufgefordert mit: „Naja, du weißt schon, man nimmt sich immer selbst mit.“ Diese populäre Weisheit stimmt nur zum Teil. Ja, du nimmst dich immer mit, aber du bringst niemals den gleichen Menschen wieder mit zurück.

Es ist der erste Abend von vierzehn. Die vor mir liegende Zeit erscheint mir so lange, als seien es vierzehn Jahre. Vermutlich habe ich deshalb Literatur für eine entsprechende Epoche eingepackt. Mehr Bücher in meinem Gepäck als Schuhe. Es ist schwere Kost, Ratgeber mit Titeln wie „Die Grundformen der Angst“ und „Zart besaitet -- Selbsthilfe für hochsensible Menschen“. Ich lasse sie erst mal im Rucksack. Draußen sind es noch immer dreißig Grad, ich sitze mit Tsatsiki am Tisch, alleine unter Pärchen und Familien. Als ich überlegt hatte, wohin ich fliehen könnte, welcher Ort geeignet sei, um die Angst abzuhängen, obwohl ich mich ihr doch professionell nähern wollte, um überhaupt den Anfang des Buches zu schreiben, stolperte ich über Hydra. Eine zwanzig Kilometer lange und vier Kilometer breite Insel, die zu den Saronischen Inseln gehört und nur zwei Fährstunden von Athen entfernt liegt. Es klang wie das Paradies: keine Autos, nur Esel und Pferde, keine Plastikmöbel, keine Sandstrände, die Massentourismus anziehen, aber Kate Moss sei ab und an hier, las ich. Henry Miller war schon Anfang der Vierzigerjahre Fan der kargen Insel, später schrieb er in seiner griechischen Reisegeschichte „Der Koloss von Maroussi“: „Die Sonne ist der Mensch, der darum kämpft, zu einem andern Licht emporzusteigen, von Licht zu Licht“. Ich verstehe den Satz nicht, aber ich mag den Klang. In den Sechzigern kam Leonard Cohen hierher, verliebte sich in eine Norwegerin, kaufte mit gerade mal 26 Jahren ein Haus für 1500 Dollar. Solche Geschichten liebe ich, deshalb bin ich hergekommen. Vor allem aber, um meine eigene Geschichte aufzuschreiben, wie ich zu einem anderen Licht emporstieg: von der Angst zur Liebe. Denn das Gegenteil von Angst heißt nicht Mut, es heißt Liebe. Und das Gegenteil von Liebe heißt nicht Hass, es heißt Angst. Das habe ich bloß lange Zeit nicht gewusst. Stattdessen versuchte ich die angeborene Angst zu bekämpfen, sie zu köpfen, sie zu ersticken, sie ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen, seit ich denken kann.

Vorne im Buch, dort wo sonst Widmungen stehen, steht Für immer. Als sei immer ein Mensch, der mir nahe steht. Und dann folgt ein Zitat. Die Worte stammen aus dem Song The Power Of Love von Frankie Goes To Hollywood. Er erschien im Oktober 1984 auf dem Album ‘Welcome to the Pleasuredome’. Warum? Weil ich ihn seit fast 40 Jahren im Kopf habe, wann immer ich ein Schutzmantra brauche: I’ll protect you from the hooded claw, keep the vampires from your door. Nun stehen sie auf einem Kaschmirdreieckstuch, das um meine Schulter liegt wie ein Superwoman Cape. Ich habe es selbst designt. Vielleicht kreieren wir auch unsere eigenen Ängste. Vielleicht kann man Panik ablegen, wie einen Schal, wenn man ihn nicht mehr benötigt. Vielleicht ist alles in Ordnung.

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