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Kostenlose Gedanken zum Konsumieren

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Plus ein paar Selbstlügen zum Entlarven. Warum probieren wir nicht mal Subtraktion for a little change?

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Suse Kaloff
Jan 21, 2024
∙ Paid
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Ich hatte mal einen Freund, der fand es schön, wenn ich einen Apfel aß oder mir die Fingernägel lackierte. Nicht diese beiden Tatsachen machten ihn an, sondern mich bei dem Prozess zu beoabachten. Es war ihm wurscht, ob ich Vitamine zu mir nahm oder ob ich eine Frau war mit roten Fingernägeln (naja, das mochte er sicher auch, aber darum ging es nicht primär). Es war etwas anderes, ihm gefiel das Bild von mir: Ich mit einem knackigen Apfel in der Hand. Das sähe so frisch aus, sagte er einmal. Ihn selbst sah ich nie Obst essen, er hatte nie eine Banane, aber stets eine Kippe zwischen den Fingern. Einmal lackierte ich mir in seinem Beisein die Nägel, ich saß mit angewinkelten Knien in einem Stuhl und hatte auf der Holzlehne des Art Deco Sessels drei Fläschchen abgestellt, Unter-, Nagel- und Überlack. Er sagte: Ich mag, wie du aussiehst, wenn du das machst. Manchmal dachte ich, er glaubt, ich sei kein Mensch, sondern ein Magazin, das er durchblättert.

Mir fiel das heute wieder ein, als ich mir Bordeaux auf die Nägel schmierte, eine halbe Stunde, bevor der The Carrie Crash Course, mein Online-Kolumnen-Schreibkurs, began. Es passierte das, was immer passiert, wenn man es in letzter Minute macht: der Mittelfinger verdatschte, der kleine hatte ne Schramme, der Rest sah aus, als hätte eine Erstklässlerin sich die Nägel im Fasching selbst lackiert. Ich dachte an meine Mutter, wie sie früher, wenn mein Vater schon den Motor des Ford Taunus anließ, sie im Mantel auf einer Pobacke am Tisch saß und rief ”nur noch schnell eine Schicht!” Es ist ein Bild, das ich abrufen kann, als sei es grad eben passiert, ich rieche ihre Revlon Creme, dabei ist es tausend Sommer her. Fünfzig Winter später sitze ich in meiner Küche, denke an sie, und bete, dass sie noch weitere fünfzig Jahre ihre Nägel anmalen wird. Kurze Melancholie, dann ist es Schlag 12, ich eröffne das Zoom Meeting, lasse die Teilnehmerinnen eintreten aus dem Wartesaal, rein in mein Leben, das sich grad so wenig nach lustiger Kolumnistin im Tüllrock anfühlt.

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