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Lieber ein Schaf als einskommafünf Millionen Lackaffen!

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Save, Bro.

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Suse Kaloff
Mar 24, 2024
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Lieber ein Schaf als einskommafünf Millionen Lackaffen!
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Auf einem Brückenpfeiler zwischen Kassel und Fulda stand: Früher sah die Zukunft irgendwie geiler aus. Fünf Stunden später standen wir in der Rhön zwischen Schafen, steinalten Apfelsorten und der halbwegs kompletten Familie, unsere Kinder längst keine Kinder mehr, meine Schwester und ich weder alt noch jung, aus allen Himmelsrichtungen zusammengekommen, um den großen Geburtstag zu feiern: 80 Jahre, what a blessing, Mama! Waren wir nicht gestern noch im Frankfurter Palmengarten und du hast gesagt, wir müssten aufpassen, dass keine Wespe auf unserem Dolomiti Eis sitzt? Trugen wir nicht neulich noch den Pony, den du uns windschief geschnitten hast und glaubten wir nicht kürzlich noch, das ganze Leben läge vor uns? Nun lagen Rhönschafe vor uns, eine mittelgroße, weiße Schafrasse mit schwarzem Kopf und Beinen, die aus dem Rhöngebirge stammt. Das Rhönschaf gilt als genügsam und widerstandsfähig, las ich in einem Prospekt, der auf dem Bett meines Zimmers lag. An dessen Tür stand: Kuschelschaf. Nach Apfelbier, Apfelwein, Spatzenknödeln, nach Lachen, Weinen, Wiedersehen, Hello Mary Lou singen und doch lieber keine Nacht im Heuwagen verbringen, kam der Morgen. Es war nicht mal 8 Uhr, das Gras noch nass, der Himmel hochneblig, klingt wie hochnäsig, dachte ich. Es hört nie auf, mein Kopf bildet Worte, spinnt Sätze und Stories, selbst dann, wenn ich in Ferien bin. Ein Holzhüttchen mit einer roten Bank davor, mutterseelenalleine auf einer Wiese, da will ich wohnen, weder wollen noch wünschen, nur sein. Glücklich womöglich, wäre das möglich? Und was würde fehlen? Am Ende vielleicht nichts. Tief eingeatmet, Tränen mit dem Mantelärmel weggewischt, mich geschämt, dass Natur mich in letzter Zeit mehr berührt als Menschen. Dann war er vorüber, nur ein Moment, es sind doch nur paar kahle Äste, es ist nur ein Bächlein, bloß Stille, krieg’ dich wieder ein. Ich dachte an den hässlichen Busbahnhof in Fulda, an dem wir am Tag zuvor eingestiegen waren, plötzlich war es Frühling geworden, zwischen Scharen von schwitzenden Teenagern in T-Shirts, Kleinkindern, die im Buggy Pommes Mayo mümmelten, mürrischen Menschen, die sich in den 30er stopften, alle sich selbst am Nächsten, Ellbogen raus, Rucksäcke auf dem Nachbarsitz wie Handtücher auf Liegen, ist da noch frei? Wir gurkten 27 Stationen und 55 Minuten über Land. Einen Tag später, da oben vor dem Heidi-Holzhüttchen mit der roten Bank schien das, was in Städten getrieben wird, so verflucht idiotisch. Und ein bisschen sad.

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