Sieben Entdeckungen in sieben Tagen
Ich fand sie gut versteckt zwischen Leichtsinn und Schwere.





1. Wenn Du einen schweren Tag hast, koch Dir einen Topf Drillinge. Es gibt wenige Bewusstseinszustände, die sich durch den Verzehr von einem Kilo Pellkartoffeln nicht bessern. Ganz gleich, ob man bloß ein wenig durch den Wind, wütend, erschrocken, heartbroken oder saft- und kraftlos ist: Erdung ist immer die Antwort. Meine Osteopathin sagte gestern einen guten Satz, der dazu passt: “Schauen Sie, dass Sie Ihre Füße fühlen und die tragende Verbindung zur Erde wahrnehmen. Mutter Erde kann alles tragen. Das müssen Sie nicht.” Wenn man aufhört, zu meinen, man müsse alles für alle mittragen, für alles die Verantwortung, Kontrolle und Schuld übernehmen, wird der Rucksack langsam leichter. Bis er sich nur noch wie ein Brustbeutel anfühlt, indem exakt so viel drin ist, dass man pfeifend durch den Tag kommt. Wenn man jedoch nicht damit Schluss macht, erwachsenen Menschen, die sich um sich selbst kümmern können, ungefragt Lösungen anzubieten, fühlt sich das Herz und der Buckel irgendwann an wie ein Zentner Bio Linda. Es ist okay, auszusteigen, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, stumm- oder auf Durchzug zu schalten. Es ist nicht nur okay, es ist in Wahrheit meist das Heilsamste für alle.
2. Neulich, kurz bevor der Frühling eintraf, stand ich in der Küche und sagte ohne Vorwarnung zu mir selbst: “Ich brauche mehr Leichtsinn in meinem Leben” Keine Ahnung, woher die goldige Idee rührte, aber die Worte kamen aus meinem eigenen Mund. Das Fantastische an Reife, jedenfalls an meiner persönlichen, ist, dass ich öfter deutlich höre, was ich fühle, und es dann auch noch verbalisiere. Nicht zwingend gegenüber anderer Menschen, einer Therapeutin oder einem Coach (aber auch das ist natürlich valide und gut), sondern ich bespreche es mit mir. Wenn man etwas nur spürt, besteht die große Gefahr, es zu ignorieren, wegzudrücken, wegzusperren. Menschen sind dazu in der Lage. Manche erstaunlicherweise mehr als andere. Mann, ist doch nur ein Gefühl, feelings are not facts, geht schon wieder weg, musst nicht jeder Befindlichkeit hinterherlaufen. Also stopfen wir das komische Gefühl, die leise Ahnung, dass was nicht stimmt, ins Unterbewusstsein, in den Bauch, den Keller, in die vage Zukunft. Ja, okay, kurz bisschen Autsch, meinetwegen, stimmt, aber darum kümmern wir uns später. Dafür hab’ ich grad echt keine Zeit/Nerv/Energie/Kapazität/Mittel/Lust/Mut. Dieses Später ist selten dringend. Dieses Gefühl wird kaum freiwillig auf Wiedervorlage gelegt. Wenn man jedoch plötzlich laut mit sich selbst spricht, ist die Wirkung stärker. Niemand hält sich vor sich selbst die Ohren zu. Und dann ist es raus, ausgesprochen, liegt vor einem, und es wird verdammt schwer, es weiterhin auszublenden. Gut so.
Und ja, ich bin auch der Meinung, dass Gefühle fließend, veränderlich und wandelbar sind. Dass man sie manchmal einfach nur akzeptieren, da und so lassen muss, wie sie sind. Die Welt muss auch nicht täglich einem Wimmelbuch gleichen, nicht jeder Tag muss sich so anfühlen wie als Kind am Samstagabend nach der warmen Wanne im Frotteebademantel. Und ja, man muss nicht auf jede eigene Empfindung anspringen und etwas unternehmen, um sich in einen optimalen emotionalen Frotteebademantel-Zustand zu bringen. Manchmal muss man einfach nur 48 Stunden verstreichen lassen. Nicht jedes Bedürfnis muss augenblicklich befriedigt werden. Aber: Hör auf Dich. Mehr noch als auf alle anderen. Höre, was Du Dir zu sagen hast. Höre auf die Stimme, die aus dem Bauch kommt. Lass sie lauter werden. Einen Leichtsinnsmangel kann man leider nicht wie einen Vitamin-D Mangel anhand eines Blutbildes feststellen. Auch sind die Symptome eines solchen Defizits nicht so eindeutig wie jene von Magnesium. Aber unser Körper ist sehr schlau, er kommuniziert mit uns. Ständig. Er lässt uns wissen, was uns fehlt. Wovon wir zu viel und wovon zu wenig haben. Auf allen Ebenen. Nicht alles, was vermisst wird, lässt sich einnehmen, nicht jeder Mangel mit Supplements beheben. Manches brauchen wir dennoch dringender als wir meinen, um gut genährt zu sein. Nur manchmal sind das Lebensmittel.