




Dienstag, als ich wieder mal aus Faulheit beim indischen Restaurant um die Ecke war, statt mir selbst ein Mittagessen zu kochen, bestellte ich ein Veggie Thali. Als ich zahlen wollte, stand auf dem Gerät: Falscher Pin. Von da an geriet ich in einen Strudel, der rückblickend hysterisch wirkt. Ich wiederholte den Vorgang, tippte erneut und mittlerweile mit angelaufener Brille die Kombi ein, die ich aus dem Effeff kenne. Dabei versicherte ich mir und dem Chef des Restaurants, dass ich den Pin genau kenne und es der korrekte ist. Kurz drauf kam die Meldung, die Karte sei nun gesperrt. Ich benutzte meine andere, die vom Geschäftskonto, und lief direkt zur Bankfiliale in der Osterstraße, stürmte zu einem Mitarbeiter, der alleine hinter seinem Computer in der hintersten Ecke der Bank saß. Es wirkte ein wenig, als würde er daheim in seiner Bude sockig daddeln. Ich stand mit meiner Kaschmir Balaclava Haube dampfend wie eine Ofenkartoffel vor ihm und schilderte, was geschehen war. Wir gingen zusammen zum Geldautomaten, wo sich rausstellte, dass er auch nichts machen könne, die Sperrung müsse wohl an meiner neuen Karte liegen. Sie sei noch nicht freigeschaltet, hieß es. Er würde sie nun entsperren und nach zwei Stunden könne ich sie wieder einsetzen mit meinem alten Pin. Die neue Karte war paar Wochen zuvor mit der Post eingetroffen und hatte exakt so ausgesehen wie die alte: mausgrau. Nichts stand drauf, jedenfalls nicht vorne. Ich zerschnitt die alte, denn es war ja jetzt eine aktuellere Version eingetroffen.
Zwei Stunden nach meinem Besuch in der Filiale und der angegebenen Wartezeit zückte ich die neue also nun selbstbewusst bei Budni, um ein paar Bienenwachskerzen zu bezahlen. Pin falsch. Mir wurde noch heißer. In mir kam Wut auf, was, wir wissen es alle, dasselbe wie Angst ist. Vor was nur? Davor, dass ich nie wieder an Bargeld komme, jemand meine Ersparnisse abhebt und das Land verlässt, dass von nun an alles den Bach runtergeht, meine Sicherheit, mein ganzes Dasein bedroht ist. Alles wegen einer Kombination aus vier Ziffern. Ich ließ die Bienenwachskerzen liegen. Am Nachmittag rief eine Freundin an und erzählte, ihr Mailaccount und diverse andere Konten seien gehackt worden. Sie machte mir keine Angst, weil das niemand vermag, wenn man sie nicht selbst schon in sich spürt. Sie gab nur ihre Erfahrung weiter, wofür ich rückblickend sehr dankbar bin. Aber in dem Moment zahlte ihre Geschichte auf das gleiche Konto ein, das bereits brutal im Soll war: Meine Besorgnis.